***Die wilden Kerle 6***

dwk6 kritik
 
Autor: Alexander Friedrich
 
Der Reboot-Trend hat tatsächlich auch die Wilden Fußballkerle erfasst. Wer dachte, dass ganze acht Jahre nach Teil Fünf die Kinder-Kultreihe vergangener Tage aufgrund der längst erwachsenen Darsteller kein Thema mehr wäre, wird nun eines Besseren belehrt.
 
Unter dem Titel „Die Legende lebt“ setzt Regisseur und Schöpfer Joachim Masannek sein wildes Universum mit neuen Hauptfiguren einfach wieder auf Anfang und lässt die gealterten Ex-Kerle rund um die Ochsenknechts in nostalgischen Cameos zurückkehren. Ein großer Fehler, wie sich nun herausstellt.
 
Neue Kids – alter Mythos
 
Für den elfjährigen Leo (Michael Sommerer), seinen Bruder Elias (Aaron Kissiov) und seinen Freunden gibt es nichts Wichtigeres als Fußball. Und so verehren die Jungs die legendären Wilden Kerle, über die es jedoch nur große Geschichten gibt. Die Wilden Kerle sind in der Kleinstadt nur ein Mythos. Doch dann stoßen die Kinder auf einen schwarz gekleideten mysteriösen Motorradfahrer (Willson Gonzales Ochsenknecht), der behauptet, die Kerle hätte es echt gegeben, und das für sie eine neue Gruppe von Nachfolgern gesucht wird.
 
Bevor der für alte Fans erkennbare Ex-Kerl Marlon wieder verschwindet, gibt er Leo und den Jungs eine Landkarte, die den Weg zum geheimnisvollen Wilde-Kerle-Land zeigt. So decken die Kids nach und nach den Mythos um die Wilden Kerle auf und treten schließlich in die Fußstapfen von Leon (Jimmy Blue Ochsenknecht), Marlon und den anderen. Denn das Wilde-Kerle-Land ist in Gefahr. Der Dicke Michi (Daniel Zillmann) droht, mit seinem Abrissunternehmen „Big M“ den Bolzplatz abzureißen, es sei denn, es stellt sich eine Mannschaft ihm und seinen „Galaktischen Siegern“ in den Weg.
 
 
Eine gelungene Neuverfilmung?
 
Nachdem die deutsche Filmreihe spätestens durch „Die Wilden Kerle 5“ über dem Zenit war, probierten sich die Produzenten rund um Schöpfer Joachim Masannek im ähnlich angelehnten „V8“ aus. Ob dieser Ausflug ins „Fast & Furious“ für Kinder nun kompletter Mumpitz oder ein kurzweiliger Spaß für die Zielgruppe ist, sei mal dahingestellt. Dass die Wilden Fußballkerle nochmal tatsächlich auf die Leinwand zurückkehren würden, ist eine ziemliche Überraschung. Das Zauberwort dafür lautet ganz einfach: Reboot - was zurzeit für gefühlt jede Produktionsgesellschaft als Rechtfertigung dient, ein altes und zurecht begrabenes Franchise aus der Mottenkiste zu kramen.
 
Das kann natürlich gelingen und für einen neuen frischen Anstrich sorgen, wie etwa beim umstrittenen „Terminator Genysis“ oder auch komplett in die Hose gehen, siehe das „Fantastic Four“-Debakel. Letzteres legt auch perfekt die großen Probleme eines Reboots und eben auch eine der großen Schwächen von „Die Wilden Kerle – Die Legende lebt“ dar. Denn wiedermal wird hier viel zu viel Zeit mit der Exposition verbracht. Die neuen Kerle werden über gefühlte 80 Prozent des Films vorgestellt, ohne dass sie sich nennenswert weiter entwickeln. Ausnahmen bleiben da nur Anführer Leo, der seine Abneigung gegen Mädchen ablegt (im Laufe des Films stößt nämlich die kleine Stürmerin Müller [Stella Pepper] zum Team dazu) oder der stumme Matze (Mikke Rasch), der gegen Ende doch noch zu Wort kommt.
 
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Kriegsrhetorik für Kids?
 
Wie schon bei „Fantastic Four“ ist so eine ewig gezogene Einleitung einfach nur langweilig. Erst zum großen Finale - ein uninspiriertes Fußballmatch mit erschreckend bekanntem wie vorhersehbarem Ablauf - dürfen sich die Jungs um Leo die neuen Wilden Kerle nennen. Bis dahin wird der Zuschauer mit endlosen unsinnigen Schimpfwort-Neologismen bombardiert und darf den engagierten aber auch überforderten Jungschauspielern beim Diskutieren um das Teilnahmerecht von Mädchen zusehen.
 
Das Anführer Leo sich partout dem anderen Geschlecht beim Fußball verweigert, gleichzeitig jedoch die echten Wilden Kerle vergöttert, die ja eben auch ein weibliches Mitglied hatten, wird einem ebenso wenig klar, wie der permanente martialische Unterton.
 
Im Wilde-Kerle-Land heißt es nämlich Leben oder Sterben, jedenfalls wenn es nach Leo und Co. geht. Begriffe, wie „Hochverrat“, „Bibel“ und „Treue bis zum Tod“ gehören da zur Normalität. Dass die Reihe bei aller Sinnlosigkeit und beiallem Blödsinn natürlich auf eine junge Zielgruppe zugeschnitten ist, ist zwar verständlich.
 
Die übertriebene Ernsthaftigkeit und gerade die radikale Botschaft sind dabei jedoch völlig fehl am Platz. Bei einem Reboot gilt es schließlich, sich auch weiter zu entwickeln, doch „Die Legende lebt“ tritt völlig auf der Stelle. Wenn die heutige Generation von Kindern an die Wilden Kerle herangeführt werden soll, dann kann sie sich genauso gut den ersten Teil der Reihe ansehen und bekommt da den exakt selben Plot und einen etwas besseren Film.
 
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Fazit
 
Ein bisschen erinnert dieser sechste Teil auch an „Star Wars – Episode 7: Das Erwachen der Macht“, so abwegig das auch klingen mag. Es gibt eine komplett neue Garde, allerdings wird sich genauso vor der Vergangenheit verneigt. Wie die Jedi in „Das Erwachen der Macht“ sind auch hier die Wilden Kerle nur noch ein Mythos an den keiner mehr glaubt. Und wie Han Solo oder Luke Skywalker treten hier altbekannte Gesichter auf, um die neuen jungen Protagonisten zu erinnern, in wessen Fußstapfen sie treten, in wahre Fußstapfen wohlgemerkt.
 
Nostalgie verspürt man bei „Die Wilden Kerle – Die Legende lebt“ jedoch kaum. Wenn Jimmy Blue oder Wilson Gonzales Ochsenknecht sich mal kurz blicken lassen, um die neuen Kids auf den richtigen Weg zu leiten, erinnert das mehr an das fehlende schauspielerische Talent der alte Kerle als an die angeblich „guten alten Zeiten“. Die neue Kinder-Besetzung wirkt leider ebenfalls allenfalls bemüht, hier macht sich auch die enttäuschende Regie von Masannek bemerkbar. Jede der Figuren scheint stets verunsichert oder unbeholfen durch die Szenerie zu wandeln. Kaum ein Dialog sitzt, von Gag-Pointen ganz zu schweigen. Noch schwächer sind da nur die wenigen erwachsenen Nebenrollen besetzt. Vom Dicken Michi bis zu Leos hysterischer Mutter - wirklich gelungen ist da keine Figur. Die ziemlich sparsam eingerichteten Sets und Szenerien tun da ihr übriges.
 
Ein Reboot der Wilden Kerle konnte man bisher als „mutig“ bezeichnen, doch nach Ansicht von „Die Legende lebt“ scheinen „unnötig“ oder „daneben“ treffender. Junge Kinder mögen noch immer ihren Spaß haben, die Gleichsetzung des Kerle-Mythos mit Religion, Pflicht und Krieg sind dafür sehr fragwürdig. Der sechste Teil aus der Feder Masanneks schafft es davon abgesehen vor allem nicht, die Reihe neu zu beleben oder ihr neue Facetten hinzuzufügen. Nach „Fantastic Four“ ist „Die Wilden Kerle – Die Legende lebt“ somit eine weitere Neuverfilmung der Marke „Muss nicht sein“.