***Findet Dorie***

fdorie kritik
 
Autor: Sascha Fersch
 
Mit Findet Dorie lässt uns Pixar nach vielen Jahren des Wartens endlich wieder eintauchen in die farbenfrohe Welt unterhalb des Meeresspiegels. Mit viel Witz und einer vollen Ladung emotionaler Momente erfahren wir die Vor- und Nachgeschichte zu Findet Nemo.
 
Fantastische Kreaturen aus dem Bilderbuch
 
Pixar ist wie ein magisches Fernrohr, dass es auch Erwachsenen erlaubt, die Welt wieder durch die Augen eines Kindes zu sehen. Deren Filme haben es geschafft, die Herrschaft von Walt Disney endlich auch über Altersgrenzen hinaus zu etablieren. Keiner kann sich der Magie dieser Geschichten so ganz entziehen. Zu perfekt jonglieren sie mit kindgerechten Inhalten, herzzerreißenden Momenten und einer Prise Erwachsenenhumor. Es ist wirklich erstaunlich wie konsequent die Bildästhetik von Klassikern wie Arielle mit einer frischen Optik und modernem Storytelling verbunden wird.
 
Dorie ist der aus Findet Nemo wohlbekannte Fisch mit den Gedächtnisschwierigkeiten, dessen Vergangenheit aus eben diesen Gründen bisher im Dunkeln lag. Doch durch verschiedene Umstände kommt die Erinnerung plötzlich in kleinen Bruchstücken zurück und Dori macht sich auf die Suche nach ihrer Heimat und ihren Eltern. Ihre Freunde Nemo und Marlin schließen sich dem neuen Abenteuer an, dass sie natürlich wieder quer durch die Weltmeere führt. Die Spur bringt sie schließlich zu einem Meeresbiologischen Institut in Kalifornien, wo sie unter anderem den Oktopus Hank als widerwilligen Verbündeten finden. Werden sie Dories Vergangeheit ergründen können?
 
Es sind nicht nur die gefühlvollen Charakterzeichnungen, die den Zuschauer gebannt vor der Leinwand sitzen lassen, auch die Dramaturgie findet stets einen Weg, in all den absurden Windungen der Geschichte trotzdem einen Funken Authentizität zu finden und so die Spannung aufrecht zu erhalten. Wenn man erst einmal die Prämisse geschluckt hat, dass Fische auch nur Menschen sind, ist man bereit, jede gemeisterte Hürde mit Begeisterungsstürmen zu feiern. Es ist fast schon unheimlich wie gekonnt Pixar dabei immer wieder auf der Klaviatur unserer Gefühle spielt, ohne sich je als oberflächlich zu entlarven.
 
 
Wer suchet der findet so allerlei
 
Im Vorfeld der Kinovermarktung gab es ja bereits eine Kontroverse zu einem eventuell lesbischen Paar, das angeblich im Trailer auftaucht. im fertigen Film muss man schon sehr aufpassen um überhaupt davon Notiz zu nehmen. Das heißt jedoch keinesfalls, dass nicht viele kleine und subtile Kommentare zur Gesellschaft und dem Leben als solchem am Rande der Geschichte versteckt sind. Wenn Dorie plötzlich mit Plastikabfall dekoriert ihren Freunden das Leben rettet ist das einerseits lustig, aber gleichzeitig auch eine ganz klares moralisches Statement.
 
Doch auch die Ambivalenz der Tierschützer wird gezeigt. In ihrem Willen die Fauna zu retten, steckt eben auch eine gehörige Portion Bevormundung, und die echten Fische können leider nicht reden. Während also der Film an der Oberfläche stets heiter bleibt, scheinen überall nachdenkliche Momente durch. Die starke Kämpfermentalität von Dorie, trotz ihrem Handicap immer weiter zu schwimmen, steht exemplarisch für den American Way of life, für die Idee dass alles möglich ist, wenn man nur will. Dass diese Einstellung auch einsam macht und nur erträglich ist, wenn man auch vergessen kann, wurde selten schöner gezeigt als im grundsätzlichen Charakterkonflikt der Protagonistin die im Original von der großartigen Ellen Degeneres gesprochen wird (auf Deutsch und ebenso talentiert: Anke Engelke).
 
Eine Stärke von Pixar ist es auch, wirklich kleine Nebencharaktere mit hochkarätigen Stimmen, bzw. Schauspielern zu besetzen und somit dem ganzen Universum die nötige Tiefe zu verleihen. Es ist eine Freude, die Vielfalt dieser Figuren zu erleben, die ja letztlich die Bandbreite menschlicher Persönlichkeiten spiegeln. Es wird spannend sein zu hören, wie die deutschen Synchronsprecher diese farbenfrohe Welt mit Leben füllen und hoffentlich genauso leichtfüßig daherkommen wie ihre englischsprachigen Vorbilder. Das Meer bietet dabei allerlei Raum für verschrobene Gestalten, Witzfiguren und tragische Helden des Alltags.
 
01 ©2016 Disney Pixar03 ©2016 Disney Pixar04 ©2016 Disney Pixar06 ©2016 Disney Pixar
 
Emotionen sind wichtiger als konsequentes Handeln
 
Fast könnte man meinen die Filmemacher haben sich den Leitsatz ihrer Hauptdarstellerin auch für den eigenen Schreibprozess zu eigen gemacht, denn der Fokus in der Geschichte liegt eindeutig auf den emotionalen Schlaglichtern aus der Vergangenheit und den fast schon übertrieben actiongeladenen Szenen bei den verschiedenen Rettungsmissionen im Meeresbiologischen Insitut. Das geht manchmal zu Lasten der allgemeinen Logik und ist nur mit gutem Willen wirklich nachvollziehbar. Wenn jemand einen Clownfisch übrig hat, kann er ja mal ausprobieren wie lange der in schmutzigem Putzwasser inklusive Reinigungsmitteln, oder einem Kaffeebecher überleben würde, und möge uns das Ergebnis seiner Studien dann mitteilen.
 
Doch wie man Dorie ihre Gedächtnislücken gerne verzeiht, verzichtet man auch beim Aufbau der Geschichte auf allzu kritische Nachfragen. Zu gerne schaut man den Figuren dabei zu, wie sie Unmögliches spielerisch meistern. Der Oktopus ist dabei nur die Spitze des Eisbergs, wenn er das Prinzip der Tarnung nicht nur zur Perfektion beherrscht, sondern es geradezu ad absurdum führt und alle Menschen ziemlich dumm dastehen lässt. Man wollte mit diesen turbulenten Entwicklungen jenseits des offenen Meeres wohl auch der Falle entkommen, einen zweiten Road- Trip zu inszenieren, der letztlich nur die Geschichte von Findet Nemo wiederholt hätte.
 
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Fazit
 
Die Menschen hinter Pixar zeigen einmal mehr, wie man zeitgemäße Animationsfilme gekonnt in Szene setzt. Auch wenn hier keine bahnbrechenden Neuerungen zum Vorschein kommen, weder optisch noch inhaltlich, spielen sie doch gekonnt mit unseren Gefühlen.
 
Sie bringen damit jedes Kind zum Lachen, Staunen und sogar zum Weinen. Da bleibt auch bei den meisten Erwachsenen kein Auge trocken, bei mir schon gar nicht. Es sind zwar ein paar Tränen weniger zwar als bei Alles steht Kopf, doch immer noch genug, um innerlich aufgewühlt und emotional berührt das Kino zu verlassen.
 
 
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