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***Jackie - Die First Lady***

jackie kritik
 
Autor: Peter Osteried
 
Biopics gibt es viele. Die meisten wählen eine gewisse Zeitspanne, die aber durchaus Jahre umfasst. Nicht so „Jackie“, denn dieser Film konzentriert sich ganz und garauf die eine Woche nach dem Attentat auf John F. Kennedy.
 
Im Mittelpunkt steht dabei Natalie Portman, die eine derart gute Darstellung abliefert, dass nicht nur eine Golden-Globe-Nominierung drin ist, sondern sie auch als heißer Kandidat für die nächstjährige Oscar-Verleihung gehandelt wird. Verdient hätte sie es, und das nicht nur, weil sie es schafft Jackies Manierismen und Sprachduktus perfekt zu imitieren.
 
Im Mittelpunkt der Trauer
 
Präsident John F. Kennedy ist erschossen worden – und Jackie Kennedys Leben ändert sich von einem Moment auf den nächsten. Noch unter dem Eindruck leidend, dass sie zusehen musste, wie ihr Mann neben ihr getötet wurde, denkt sie schon an dessen Vermächtnis. Denn sie erinnert sich an James Garfield und William McNamara, ermordete Präsidenten, die längst vergessen sind. Aber sie will, dass JFK die Zeit übersteht, weswegen sie nicht nur eine große Prozession quer durch Washington plant, sondern auch mit einem Reporter spricht, der ihre Geschichte erzählen soll. Und nur ihr, denn ihr ist klar, dass in den Augen der Öffentlichkeit wahr wird, was schwarz auf weiß steht.
 
Ein psychologisches Porträt Der Film, dessen Skript im Jahr 2010 auf der Blacklist, der Liste der besten unproduzierten Drehbücher stand, ist ein faszinierendes Biest, weil er es schafft, das dissonante Gefühl eines Traumas heraufzubeschwören. In einem solchen befindet sich Jackie, als sie Entscheidungen treffen muss, die das Leben ihrer Kinder, aber auch ihr eigenes definieren werden.
 
 
Es ist die szenische Aneinanderreihung, die hier so wirkungsvoll ist. Sie imitiert den emotionalen Stress und das wirre Gefühlsleben in einer posttraumatischen Situation. So wechselt man immer zwischen Jackies Gespräch mit dem Reporter, einer Führung durch das Weiße Haus fürs Fernsehen, einem Gespräch mit einem Priester und den Momenten des Attentats bzw. die Minuten, die darauf folgten.
 
Das könnte in sich uneins sein, aber Regisseur Pablo Larrain schafft es, daraus ein homogenes Ganzes zu machen, indem er alles so extrem verdichtet und der Hauptfigur, aber auch dem Publikum die Ruhe gönnt, die ganze Bandbreite der Situation sacken zu lassen. In einer besonders eindrucksvollen Sequenz wandert Jackie durch die Zimmer des Weißen Hauses, bis sie erschöpft einschläft – die erste Nacht als Witwe.
 
Mehrdimensional
 
Portman schafft es nicht nur, Jackie Kennedy in Mimik und Sprache gerecht zu werden. Sie brilliert vielmehr dabei, den Schmerz, den diese Frau erlitten hat – immerhin musste sie schon vor dem Tod ihres Mannes zwei Kinder zu Grabe tragen – spürbar werden zu lassen. Die Kamera verweilt auf ihr, ihr Schmerz teilt sich in Nuancen mit und die heimsuchende Musik tut ein Übriges, um den Zuschauer emotional zu packen.
 
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Jackie wird dabei nie eindimensional gezeichnet. Nie ergeht sich der Film des Fehlers der Heldenverehrung. Er zeigt seine Hauptfigur mit Ecken und Kanten, mit Schwächen und Macken. Im Gespräch mit dem Reporter, aber auch bei der berühmten Weißes-Haus-Führung, bei der sie fast schon verzweifelt versucht, sich dem Zuschauer anzubiedern.
 
Technisch ist „Jackie“ ebenfalls großartig ausgefallen. Auf Film gedreht und im heutzutage ungewöhnlichen Format von 1,66:1 präsentiert, gestaltet sich das Werk sehr authentisch. Sowohl in der Darstellung der 1960er, aber auch in der filmischen Präsentation, die fast den Eindruck erweckt, ein Werk aus einer längst vergangenen Dekade vor sich zu haben.
 
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Fazit
 
„Jackie“ ist ganz großes Kino, das sehr verdichtet das packende Psychogramm einer beeindruckenden, aber eigentlich gar nicht so bekannten Frau zeichnet – weil man weit weniger über Jackie als über ihren Ehemann weiß.
 
Natalie Portman brilliert in der Rolle der First Lady und liefert eine beeindruckende Darstellung ab, die Oscarverdächtig ist. Ansonsten gilt: Dies ist hochintelligentes, mitreißendes Kino, wie man es gerade beim amerikanischen Film viel zu selten zu sehen bekommt.
 
 
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