Maskenmann Ethan Hawke geht wieder um – dieses Mal im Traum!
Schrecken ohne Ende
Im Sommer 2022 landete der horrorerprobte Regisseur und Drehbuchautor Scott Derrickson („Erlöse uns von dem Bösen“) mit dem übernatürlichen Vorstadtthriller „The Black Phone“ an den Kinokassen einen kleinen Hit. Die Adaption der gleichnamigen Kurzgeschichte von Stephen Kings Sohn Joe Hill spielte bei geschätzten Produktionskosten von 16 bis 18 Millionen Dollar über 160 Millionen Dollar ein – was den Film in der Hollywood-Logik natürlich für eine Fortsetzung prädestinierte. Inhaltlich drängte sich ein Sequel allerdings keineswegs auf. Konnte der entführte und in einen Keller gesperrte Protagonist Finney Blake (Mason Thames) am Ende doch, auch dank der Hilfe einiger toter Jungen, die Kontakt zu ihm suchten, seinen Peiniger, einen bizarre Masken tragenden Serienkiller (Ethan Hawke), ins Jenseits befördern.
Wer sich im Horrorgenre auskennt, weiß jedoch, dass der Tod längst nicht alle finsteren Widersacher aufhält. So auch in der Fortführung „Black Phone 2“, die die Ursprungserzählung Hills nach einer Idee des Schriftstellers weiterspinnt. Das Drehbuch verfassten, wie schon beim ersten Teil, der Regisseur und sein langjähriger Schreibpartner C. Robert Cargill. 1982, vier Jahre nach den Geschehnissen aus „Black Phone“, ist aus dem einst schüchternen Finney ein wütender Teenager geworden, der sich nun selbst unerschrocken in Prügeleien hineinstürzt. Ständig scheint es in ihm zu brodeln, was den Schluss nahelegt, dass er die Gefangenschaft und den Kampf mit seinem von den Medien „Greifer“ getauften Entführer noch lange nicht verarbeitet hat.
Seine jüngere Schwester Gwen (Madeleine McGraw), die schon im Vorgänger durch rätselhafte Visionen auf die Spur des Serienmörders kam, wird in ihren Träumen weiterhin von merkwürdigen Hinweisen verfolgt. Alle deuten auf das christliche Jugendlager Alpine Lake in den Bergen Colorados hin, wo sich vor einigen Jahren offenbar schreckliche Dinge zugetragen haben. Zusammen mit dem anfangs widerwilligen Finney und ihrem Freund Ernesto (Miguel Mora), dessen Bruder dem Greifer einst zum Opfer fiel, begibt sie sich vor Ort auf Spurensuche. Die Erscheinungen im Schlaf werden unterdessen immer heftiger. Und schnell zeigt sich, dass der tote Killer durch die Träume Einfluss auf die Welt der Lebenden nehmen kann.
Viele Genreanleihen
Pate Für „Black Phone 2“ standen unverkennbar zwei Klassiker des Horrorgenres. Ein Bösewicht, der seine Opfer im Schlummerzustand bedrängt, lässt selbstredend an Wes Cravens berühmten Schlitzerstreifen „Nightmare - Mörderische Träume“ mit Ringelpulliträger Freddy Krueger denken. Der zentrale Handlungsschauplatz wiederum weckt Erinnerungen an Sean S. Cunninghams Reißer „Freitag der 13.“, eine der ikonischsten Slasher-Arbeiten der Filmgeschichte. Ebenfalls bestens vertraut: die Tatsache, dass das Jugendcamp bei der Ankunft von Gwen, Finney und Ernesto durch einen Schneesturm praktisch von der Außenwelt abgeschnitten wird.
Im Vergleich mit dem Ursprungswerk, das lange Zeit von einer bedrückenden Atmosphäre lebte, fällt auf, dass es im Sequel viel expliziter zugeht. Rohe Gewaltausbrüche sind schon früh, zumindest flashartig, zu sehen. Obwohl „Black Phone 2“ vor allem in bekannten Gewässern fischt, entfaltet das Geschehen auf der Leinwand phasenweise eine ganz schön unheimliche Wirkung. Besonders eindringlich sind die im Stile alter Homevideos inszenierten Traumsequenzen, in denen bisweilen Zeiten und Ebenen ineinanderfließen. Das krisselige Bildmaterial und das knarzende Sounddesign verleihen den Visionen eine gespenstische Note. Gleiches gilt für die Darbietung Ethan Hawkes, der den Serienkiller abermals wie einen verschlagenen Marionettenspieler anlegt.
Horrorfans kommen also durchaus auf ihre Kosten. Ähnlich wie in „The Black Phone“ knirscht es jedoch bei der Verknüpfung der inhaltlichen und thematischen Ideen. Die Fortsetzung möchte auch davon erzählen, was es heißt, traumatisiert zu sein, jahrelang von einem schrecklichen Erlebnis gepeinigt zu werden.
Die Entwicklung der Charaktere erfolgt dann aber eher im Vorbeigehen, ohne genauen Blick, den es dafür eigentlich bräuchte. Ein wenig aufgepfropft fühlt sich zudem die Verbindung an, die „Black Phone 2“ zwischen Finneys und Gwens Familiengeschichte und dem Greifer aufmacht. Was den Zuschauer richtig berühren soll, hat leider nicht die gewünschte emotionale Kraft.
Fazit
Solide Horrorfilmfortsetzung mit einer eisig-ungemütlichen Atmosphäre, deren Dramaelemente allerdings abfallen.