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Kritik: Thanksgiving

sub kritik
 
Autor: Walter Hummer
 
Der neue Film von Eli Roth hat eine wirklich interessante Vorgeschichte und ihm liegt eine halbwegs witzige Idee zugrunde. Aber reicht das für einen Horrorfilm, um sich von anderen Filmen dieses Genres abzuheben?
 
Plymouth, Massachusetts, Thanksgiving
 
Eine vermeidbare Tragödie führt zu einer Serie bizarrer Morde an den Beteiligten ein Jahr später. So weit so unoriginell. Dass die meisten dieser Beteiligten Teenager sind, ist im Horror-Genre auch nichts Neues. Dass der Täter maskiert auftritt und eine Axt benutzt, haben wir auch schon mal gesehen. Und dass sich das Publikum die Frage stellen darf, wer der Beteiligten der irre Mörder ist, kommt auch nicht zum ersten Mal vor. Hat „Thanksgiving“ überhaupt irgendetwas Originelles zu bieten?
 
Nun die Vorgeschichte zur Entstehung des Films ist recht interessant. 2007 wurden Quentin Tarantinos „Death Proof“ und Robert Rodriguez „Planet Terror“ in einer „Grindhouse“ genannten Doppelvorstellung in den Kinos gezeigt. Das Beste an dem ganzen Projekt waren noch die Fake-Trailer für andere Filme, die zu diesem Zeitpunkt alle rein fiktiv waren. Einer der Trailer bewarb einen Film namens „Machete“ und kurze Zeit später drehte Robert Rodriguez tatsächlich einen Spielfilm auf der Grundlage dieses Trailers. Der Film, mit dem großartigen Danny Trejo in der Hauptrolle, war herrlich überdreht und wirklich unterhaltsam.
 
 
Ein weiterer dieser Fake-Trailer warb für „Hobo with a Shotgun“. Wenige Jahre später durfte auch Jason Eisener, der Regisseur des falschen Trailers, einen Langfilm auf dieser Grundlage drehen. Aber „Hobo with a Shotgun“ hatte außer dem großartigen, viel zu früh verstorbenen Rutger Hauer nicht viel zu bieten. Sinnlose, brutale Gewalt ohne die ironische Distanz von „Machete“ hat für die meisten Filmfans dann doch eher einen begrenzten Unterhaltungswert.
 
Regisseur Eli Roth hatte 2007 mit „Cabin Fever“ und „Hostel“ gerade seine ersten Erfolge hinter sich. Er durfte einen weiteren dieser Fake-Trailer für einen fiktiven Film namens „Thanksgiving“ drehen. Und nun, 15 Jahre später, darf der Mann, der zwischenzeitlich mit „Death Wish“ vermutlich eines der schlechtesten aber sicher eines der überflüssigsten Remakes der Filmgeschichte gedreht hat, ebenfalls eine Langversion seines Trailers in die Kinos bringen. Ich kann nur sagen, ich hätte lieber „Werewolf Women of the SS“ gesehen. Und Eli Roth hätte sich an den Titel des fünften Fake-Trailers in „Grindhouse“ halten sollen.
 
„Thanksgiving“ erinnert ein bisschen an eine dieser Komödien, die eine witzige Grundidee haben, dann aber nicht funktionieren, weil diese witzige Idee alleine leider nicht für anderthalb Stunden Film reicht. Filme wie „Yesterday“, „Downsizing“ oder „This Is The End“ hätten witzig sein ,müssen, waren es aber leider nur ungefähr zwanzig bis dreißig Minuten lang. Roth’s „Thanksgiving“ scheitert hier grandios, denn dieser Film vermag sein Publikum nicht einmal während der ersten halbe Stunde durchgängig zu unterhalten. Auf 10 Minuten langweilige Exposition folgen wenige Minuten voll Blut und Chaos, bevor wir uns dann durch weitere 15 Minuten Exposition quälen dürfen.
 
03 ©2023 Sony Pictures01 ©2023 Sony Pictures04 ©2023 Sony Pictures05 ©2023 Sony Pictures
 
Als Splatter-Film taugt „Thanksgiving“ nicht viel. Ja, es gibt blutige Enthauptungen und eine Person wird lebend in den Backofen geschoben und anschließend als Thanksgiving-Truthahn serviert. Und diese und ähnliche Szenen sind auch gar nicht schlecht gestaltet, aber besonders gut wiederum auch nicht. Da haben uns Jigsaw und Co. in den letzten Jahren ganz anderes gezeigt. Und die haben das Publikum auf die die Splatter-Szenen auch nicht immer wieder so lange warten lassen.
 
Die Arten und Weisen, wie die verschiedenen Opfer ums Leben kommen, waren fast alle bereits vor sechzehn Jahren im Fake-Trailer zu sehen. Ansonsten bietet der Film kaum Neues oder Originelles, kaum visuelle oder andere Einfälle. Der einzige halbwegs witzige Gag hat damit zu tun, dass eine Nebenfigur offensichtlich im gleichen Möbelhaus einkauft, wie Bruce Willis in Eli Roths missglücktem „Death Wish“. Aber dieser eine Gag reicht kaum als Grund den einen oder den anderen Film zu sehen. Man hat hier also die Ideen für einen zwei Minuten langen Fake-Trailer auf 107 Minuten gestreckt.
 
Interessanterweise bekommen wir praktisch jede Gewaltdarstellung aus dem Fake-Trailer auch im Langfilm von 2023 zu sehen, aber nicht das allergeringste Bisschen Sex. Die älteren unter unseren Leser*innen werden sich vielleicht an die Trampolinspringerin von 2007 erinnern. Bei der Neuinszenierung dieser Szene bleibt das Oberteil unten. Ihr blutiges Schicksal bleibt der armen Frau aber nicht erspart. Und die Szene im Cabrio hat im neuen Film gar keine Entsprechung. Wir merken uns: im Jahr 2023 ist blutiges Gemetzel absolut in Ordnung, aber blanke Brüste oder angedeuteter Oralverkehr waren bitte ersatzlos zu streichen.
 
Ansonsten erinnert „Thanksgiving“ an fast jeden generischen Horrorfilm der je gedreht wurde. Der Name des Drehbuchautors Jeff Rendell war mir bisher unbekannt. Eine kurze google-Suche ließ mich erfahren, dass Herr Rendell bisher nur ein einziges Drehbuch verfasst hat, nämlich das zu dem Fake-Trailer zu „Thanksgiving“ in „Grindhouse“. Man fragt sich, wovon Herr Rendell die letzten 15 Jahre gelebt hat? So schlecht scheinen Drehbuchautoren in Hollywood gar nicht bezahlt zu werden, wenn man mit der Gage für das Drehbuch zu einem Fake-Trailer anderthalb Jahrzehnte auskommen kann. Wofür haben die eigentlich gestreikt?
 
One Year Later
 
Zurück zum Film. Die Handlung ist dämlich. Das ist bei Horror-Filmen nichts Neues. Aber die Handlung von „Thanksgiving“ ist sogar gemessen am Standard von generischen Horror-Filmen wirklich dämlich. Und auch hier scheitert der Film, weil Jeff Rendell bei seiner dämlichen Handlung auch noch schummelt. Die Identität des Killers ist am Ende nur deshalb eine Überraschung, weil das Drehbuch uns die wichtigsten Informationen des ganzen Films verschwiegen hat.
 
Die handelnden Figuren sind auch dämlich. Ebenfalls nichts Neues bei Horror-Filmen. Aber die handelnden Figuren hier sind nicht einfach nur Teenager-gehen-zum-Fummeln-in-den-Wald-obwohl-sie-wissen-dort-treibt-ein-irrer-Mörder-sein-Unwesen-dämlich. Sie sind aggressiv dämlich. Tatsächlich sind sämtliche handelnden Figuren so dämlich, sie hätten vermutlich zum vorzeitigen Ableben gar keinen irren Mörder gebraucht. Die meiste von ihnen wären über kurz oder lang beim Versuch sich die Schuhe selbst zuzubinden oder mit Messer und Gabel zu essen ohnehin draufgegangen.
 
Sämtliche handelnden Figuren sind so dämlich, es ist unmöglich sich mit einer von ihnen zu identifizieren, wenn man die dritte Klasse nicht gerade zum vierten Mal besucht. Nach fünf Minuten Laufzeit war mir das Schicksal jeder einzelnen Figur komplett gleichgültig. Nach zehn Minuten wollte ich, dass sie alle umgebracht werden. Nach fünfzehn Minuten wurde ich ungeduldig, weil der Killer sich mit der ganzen Mörderei viel zu viel Zeit ließ.
 
Meine Ungeduld, die unsympathischen, dämlichen Figuren nicht mehr auf der Leinwand sehen zu müssen, hat sicher auch mit den Darsteller*innen zu tun. Nur zwei von ihnen waren mir vor diesem Film bekannt. Patrick Dempsey ist ein ehemaliger Teen-Darsteller, der knapp zwei Jahrzehnte lang vor allem in beliebigen Fernsehproduktionen zu sehen war. Eine davon handelt von einem Krankenhaus, dessen Belegschaft verflucht ist, weil jedem einzelnen Mitglied regelmäßig Furchtbares passiert. Der Erfolg dieser Serie und Dempseys Titel als „Sexiest Man Alive“ macht mich traurig, weil ich Frauen lange Zeit für das vernünftigere Geschlecht gehalten habe.
 
Dempsey spielt die Rolle des Sheriffs noch langweiliger und farbloser als er lange Jahre die Rolle des Dr. McFlurry oder Dr. Fish Mac oder Crispy Chicken oderwieerheißt in der Serie um das auf einem alten Indianerfriedhof erbaute Krankenhaus gespielt hat.
 
Gina Gershon ist diese aufregende Frau, die man vielleicht aus zwei oder drei halbwegs brauchbaren, alten Filmen kennt („Red Heat“, „Face/Off“). Oder man kennt sie aus einigen wirklich furchtbaren Filmen („Showgirls“, „Bound“). Oder man kennt sie gar nicht aus einen langen Reihe von Filmen, die nie im Kino sondern nur auf Video, DVD oder VOD zu sehen waren. Dass sie sowohl in „Showgirls“ als auch in „Thanksgiving“ mitgespielt hat, lässt erkennen, dass sie längst einen neuen Manager braucht.
 
Der Rest der Besetzung besteht aus unbekannten Menschen deren schauspielerische Begabungen zwischen gering und nicht erkennbar liegen. Ich verkneife mir jedes Scherzchen zu den Leistungen von Nell Verlaque, Addison Rae, Jalen Thomas Brooks und ihren Kolleg*innen. Ich lasse auch das Wortspiel mit dem Namen der Darstellerin Karen Cliche bleiben, weil ich es mir nicht zu leicht machen will. Never punch down!
 
Fazit
 
Die halbwegs witzige Idee zu einem zwei Minuten langen Fake-Trailer auf Spielfilmlänge gestreckt ergibt einen schwachen, belanglosen, generischen Horrorfilm.
 
 
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